Bochum auf Koh Samui

Es ist Vormittag. Wir sitzen auf unserer Terrasse und arbeiten konzentriert an unseren Laptops. Auf einmal bin ich abgelenkt. Eine vertraute Melodie holt mich aus meinen Gedanken. „Bochum, ich komm aus dir. Bochum, ich häng an dir. Oh, Glück auf…“ Da hört doch tatsächlich einer unserer Nachbarn den Ohrwurm von Herbert Grönemeyer. Hier, mitten auf Koh Samui, im Golf von Thailand. Mehr als 11.000 Kilometer von Bochum entfernt, kriege ich gerade Heimatgefühle. Dank unseres Nachbarn, der übrigens Niederländer ist.Bochum Ortsschild

Klar, dass ich da direkt an meine Familie denke. Wie der Zufall es will wohnen meine Tante, mein Onkel und mein Cousin mit seiner Frau tatsächlich in Bochum. Steph’s Familie kommt ganz aus der Nähe, aus Herne. Meine Eltern sind in Witten und Recklinghausen aufgewachsen. Und auch wenn wir beide nie da gelebt haben, sind Steph und ich dem Ruhrgebiet irgendwie doch sehr verbunden. Und daran denke ich, während wir hier bei 29 Grad sitzen, der Wind durch die Palmen weht und Herbert im Hintergrund seine letzten Worte singt.

Liebe Grüße an das Ruhrgebiet und an unsere Familien natürlich.

Willi, der Schreihals

Er meldet sich so gut wie jede Nacht. Dann schreit er „tokeeeh tokeeeh“. Dann sind wir wach. Und Willi ist wieder ruhig. Manchmal schreit er aber auch zwei oder dreimal. Der Schrei klingt wie ein Quietschen. Am Anfang dachten wir, dieses Geräusch kommt von einem Vogel, der vor unserem Fenster sitzt. Aber es ist der Willi.

Willi ist ein Gecko. Ein Tokeh Gecko um genau zu sein, der nachtaktiv ist. Wen wundert es: Er wurde nach seinem Schrei benannt. Wir haben ihn aber Willi getauft, weil er seit dem ersten Tag in unserem Apartment wohnt. Er ist quasi unser Untermieter. Oder Mitbewohner. Miete zahlt er nicht und eigentlich würden wir ihn gerne rausschmeißen, weil er uns oft nachts weckt. Geht aber nicht. Hier kriechen so viele Willis rum, dass direkt der nächste bei uns auftauchen würde, wenn wir Willi abserviert hätten. Aber das kriegen wir eh nicht hin. Willi ist einfach zu schnell. Das Gute an der Sache: Geckos wie Willi fressen Mücken, Spinnen und anderes Kleinvieh. Deswegen darf er jetzt also bleiben. Und wir müssen uns einfach an seinen Schrei gewöhnen. Oder eben umdrehen und weiterschlafen.

(Ein Foto von Willi haben wir bisher nicht. Wie gesagt, Willi ist ganz schön schnell.)

Gewöhnungseffekt

Es ist schon krass, wie sehr der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Wir sind heute genau zwei Wochen hier auf Koh Samui. Erst zwei Wochen. Klar, wäre das hier ein Urlaub, wäre er schon fast wieder vorbei. Da das hier aber kein Urlaub ist, sage ich erst zwei Wochen.

Und trotzdem kommt mir hier vieles schon total vertraut vor. Morgens, vor dem Frühstück, gehen wir ganz selbstverständlich schwimmen. Im Pool, der keine 50 Meter von unserem Bett entfernt ist. Das war vor drei Wochen in unserer Wohnung in Fulda noch eine richtige Traumvorstellung. Beim Zähneputzen benutze ich kein Leitungswasser. Stattdessen füllen wir Trinkwasser an grünen Automaten am Straßenrand in Kanister ab. Und wenn mir, so wie heute Mittag, auf meiner Spur ein Geisterfahrer entgegenkommt, der auf seinem Roller eine große Leiter unterm Arm geklemmt transportiert, dann lächle ich mittlerweile nur noch müde. Vor zwei Wochen habe ich mich noch über alles gewundert, was die Thais hier auf ihren Rollern durch die Gegend fahren.

Nur das mit dem Umrechnen habe ich noch nicht so ganz raus. Aber ganz ehrlich: bei einem Wechselkurs von 1 zu 35 ist das auch gar nicht so einfach… Und bei der Umstellung von Mark auf Euro hat das ja auch ein bisschen gedauert. Manche rechnen heute ja noch alles in D-Mark um. Also etwas Geduld.

Zeitlos

Ich bin zeitlos. Seit wir hier auf Koh Samui sind, trage ich keine Armbanduhr mehr. Zu Hause habe ich eigentlich immer eine Uhr umgehabt. Auch wenn ich die Zeit ja auf meinem Handy, dem Computer oder der Uhr an der Wand ablesen konnte. Ich wollte einfach schnell wissen, wie spät es gerade ist. Und damit ich nicht zu spät kam, ging meine Uhr auch immer ein paar Minuten vor. Die deutsche Pünktlichkeit eben.

Hier ist es aber 1. viel zu warm für eine Armbanduhr und 2. eigentlich ganz egal wie spät es ist. Und das ist toll. Wir haben hier einfach keine Termine. Es ist egal wann wir wo sind. Wann wir essen, wann wir irgendwo hin fahren. Es ist sogar egal, wann wir aufstehen. Wobei das, dafür, dass wir jeden Tag ausschlafen könnten, immer echt früh ist. Wie gesagt, es ist sehr warm hier, auch morgens.

Auf jeden Fall genieße ich dieses terminlose und zeitlose Leben gerade sehr. Und deswegen gehe ich jetzt auch ins Bett. Nicht, weil es Zeit ist und ich morgen wieder früh aufstehen muss, sondern weil ich müde bin. Gute Nacht allerseits.

Die Suppe läuft

Ganz egal was wir machen, die Suppe läuft. Wir brauchen nur in der Gegend rumzustehen oder ganz ruhig in der Ecke zu sitzen, trotzdem schwitzen wir wie Sau. Es ist anders als zu Hause in Deutschland. Hier ist die Luftfeuchtigkeit viel höher und das bringt alles zum Laufen. Und als ob das noch nicht reichen würde, is(s)t Steph dazu gerne und täglich scharf. Keine Ahnung wie er das aushält. Denn durch das scharfe Essen, wird ihm ja noch wärmer und seine Poren arbeiten auf Hochtouren. Neben den scharfen Currys isst er außerdem gerne warme Suppen. In der Mittagssonne… Wie das dann aussieht? Guck Dir das Bild an :D

Schwitzender Mann

Zum Glück haben wir ja gleich zwei Klimaanlagen und einen Ventilator im Apartment. Die Fenster sind groß und fast immer offen, sodass es guten Durchzug gibt. Und die Pools sind auch um die Ecke. Deswegen lässt es sich zu Hause auch aushalten. In Restaurants oder Bars suchen wir mittlerweile schon den Tisch, der am nächsten am Ventilator steht. Und dann kann sich Steph das scharfe Essen so richtig schmecken lassen.

Auf der Jagd

Wir haben jetzt einen Tennisschläger. Der ist aber nicht zum Tennisspielen gedacht, sondern für die Jagd. Wir jagen Mücken.

Tennisschläger für Mückenjagd

Diese kleinen Scheißviecher (darf ich das hier so sagen?) ärgern uns. Dass sie am Wasserfall, mitten im Dschungel zuschlagen, okay. Aber nicht mal in den eigenen vier Wänden ist man sicher. Ganz in Ruhe sitzen wir auf dem Bett und gucken einen Film. Und plötzlich fängt es irgendwo an zu jucken. Herzlichen Glückwunsch zum 14. Mückenstich… Und dann geht’s los. Wir machen volle Staatsbeleuchtung und springen mit dem Tennisschläger bewaffnet auf das Bett. Von hier oben hat man die beste Aussicht. Es dauert nicht lange, dann sehen wir den Übeltäter. Und schon merken wir den nächsten Stich.

Irgendwann, nach etlichen Fehlversuchen, haben wir sie dann. Die Mücke war einmal. Unser Triumph hält nur leider nicht lange an. Denn nur wenig später saust die nächste Mücke um unsere Ohren und das Spiel geht von vorne los…

Ohne Worte

Egal wo auf der Welt, Menschen können sich auch ohne Worte verständigen. Das haben wir heute wieder beim Mittagessen erfahren.

Wir waren in einem kleinen Imbiss direkt an der Straße. Dort hat eine freundliche, alte Köchin uns direkt in ihre Töpfe gucken lassen. Sie hat nur gefragt, ob wir „spicy“ oder „no spicy“ essen wollen. Viel mehr Englisch konnte sie glaube ich nicht. Das war aber auch egal. Für mich bitte nicht scharf, Steph mag das ganz Essen Imbissgerne. Nicht scharf war der Inhalt aus drei verschiedenen, großen Töpfen. Ich habe auf den einen gezeigt, der mir am besten gefallen hat und zack, stand das Essen bei uns auf dem Tisch. Die freundliche Köchin hat uns dann noch gezeigt, wie man die Soße richtig isst, die sie uns auf den Tisch gestellt hat. Keine Ahnung wie sie das hinkriegt, dass die Soße mehr nach Knoblauch schmeckt, als wenn man in eine Knoblauchzehe beißt.

Dazu gab es Becher mit Eiswürfeln und Wasser aus einer Karaffe, die hier auf jedem Tisch steht. Beim Bezahlen hat die Köchin uns dann die Geldscheine gezeigt, die sie gerne hätte. So einfach kann Verständigung manchmal sein.

Immer noch keinen Dünnpfiff

Heute sind wir den neunten Tag auf Koh Samui in Thailand und immer noch lässt der Dünnpfiff auf sich warten. Viele haben uns vor ihm gewarnt. Justus, der Apotheker unseres Vertrauens, hat uns natürlich extra Durchfallmittel empfohlen (das wir vor lauter Umzugs-, Abschiedsparty- und Tschüss-Sage-Stress leider doch vergessen haben). Und bloß alles ohne Eiswürfel bestellen.

Und was ist? Nix. Kein Bauchgrummeln, kein Unwohlsein, nicht mal ein ziepen haben wir bisher gespürt. Und das obwohl wir nicht gerade zimperlich unterwegs sind. Okay, die ersten Tage haben wir schon ein bisschen aufgepasst und nicht gleich mit den berühmten thailändischen Garküchen angefangen. Aber mittlerweile essen wir Currys auf Märkten, Nudelsuppen im Imbiss am Straßenrand und Fleischspieße am Strand. Ein bisschen stolz sind wir schon, was unser Magen-Darm-Trakt da gerade leistet. Uns geht’s auf jeden Fall gut.

Und jetzt, nach mehr als einer Woche Eingewöhnungsphase braucht der Dünnpfiff auch nicht mehr um die Ecke kommen.